Sprungbrett SV Wacker Burghausen

Der SV Wacker Burghausen hat innerhalb eines halben Jahres zwei Spieler in den nationalen bzw. internationalen Profifußball gebracht. Während André Leipold seit Anfang des Jahres für den Zweitliga-Tabellenführer SV Darmstadt 98 aufläuft, hat sich Goalgetter Robin Ungerath jüngst dem österreichischen Bundesligisten SV Ried angeschlossen. Beide Transfers spülten in der Corona-Zeit etwas Geld in die Kasse des Vereins, der sich auch als Ausbildungsverein sieht und auch in Zukunft weiterhin verstärkt auf Spieler aus dem eigenen Nachwuchsleistungszentrum sowie Spieler aus der umliegenden Region setzen will. André Leipold als gebürtiger Altöttinger, der zur Wacker-U17 nach Stationen in München, Salzburg, Bad Aibling, zurück in die Heimat gekommen ist und im NLZ aber auch in der Regionalliga-Truppe des SV Wacker den letzten Schliff erhielt, ist hier ein Paradebeispiel. Auch Robin Ungerath kommt aus der Region, wurde in Rosenheim geboren und spielte in Rosenheim, Bad Endorf und Wasserburg, ehe er im Sommer 2021 nach Burghausen wechselte. Beide zeigten sich auf der Bühne Regionalliga – seitens BFV immer wieder als „Champions League“ der Amateure hervorgehoben – und spielten sich durch tolle Leistungen auf die Zettel der Bundesliga-Scouts. Nicht entmutigt durch die Abgänge, sondern noch ehrgeiziger zeigt sich der Verein. Es stehen schon die nächsten Talente parat: Mit Christian Fischer, seit dem Kleinfeld-Bereich im Verein hat er alle U-Mannschaften des NLZ durchlaufen, ist ein absolutes Eigengewächs und bereits im Dezember zum Kader der 1. Mannschaft hochgezogen worden. Und auch der Mühldorfer Milos Lukic trainiert als 2004er-Jahrgang bereits frühzeitig im Herrenbereich. Im Kader der Burghauser mit einem Altersdurchschnitt von gerade einmal 23,2 Jahren ist kein Spieler über 30 Jahre und ganze elf Spieler im U23-Bereich. „Wir wollen diesen Weg mit jungen Spielern gehen. Die Jungs sind ehrgeizig und erfolgshungrig. Das ist doch die beste Voraussetzung, um Erfolg zu haben“, so Andreas Huber, Geschäftsführer der Wacker Burghausen Fußball GmbH, und ergänzt: „wir haben ein Trainerteam, das diesen Weg zu 100% mitgeht und jeden Spieler weiterentwickeln will und auch tut. Unser Ziel ist es auf einer wirtschaftlich gesunden Basis den größtmöglichen Erfolg zu haben. Dabei setzen wir auf junge entwicklungsfähige Spieler, denen wir die Möglichkeit geben sich bei uns weiterentwickeln zu können und sich auf der Bühne Regionalliga mit ihren Leistungen zeigen zu können.“ 

Bereits im November 2020 wurde die Fußball-Abteilung mit ihren Breitensport- und NLZ-Teams zusammen mit der Regionalligamannschaft in eine Sondereinrichtung Fußball zusammengeführt und nun hauptamtlich unter Leitung von Andreas Huber gestellt. Ziel der Maßnahme war es, die Nachwuchsarbeit und Regionalliga Fußball zu zentralisieren und weiterhin zu professionalisieren. Der Fokus kann so noch stärker auf die eigene Jugend gesetzt werden.  

WBFG-Geschäftsführer Andreas Huber, der sportliche Leiter Karl-Heinz Fenk und der Cheftrainer Leo Haas sprechen über die jüngsten Transfers und den Burghauser Weg im Interview.  

 

Herr Huber, können Sie uns einen kurzen Einblick geben, was seit der Umstrukturierung alles umgesetzt wurde? Wie würden Sie die Entscheidung für eine Neuausrichtung heute bewerten? 

Huber:Wir haben seit der Zusammenführung des Fußballbereichs die Konzeptionierung der Trainingsschwerpunkte angepackt, versuchen in der Spielerentwicklung Schritte nach vorne zu machen und sind gerade dabei einen Förderkader und gesonderte Trainingsmaßnahmen für die TOP-Talente zu installieren. Grundsätzlich hat die Zusammenführung die Vorteile von klareren Aufgabenbereichen und kürzer Kommunikations- und Entscheidungswege, was die Zusammenarbeit deutlich erleichtert hat.  

 

Mit André Leipold hat erst vor Kurzem ein ehemaliger NLZ-Spieler (von 2018 bis 2020 in der U19-Bayernligamannschaft) des SV Wacker Burghausen mit seinem Wechsel zum SV Darmstadt 98 den Sprung in die zweite Fußball-Bundesliga und damit in den Profifußball geschafft. Wie kam es zum Transfer und ist der schnelle Aufstieg des Youngsters Ihrer Meinung nach auch auf die neue „Sondereinrichtung Fußball“ zurückzuführen?  

Huber: „André hat sich vor allem durch seine starken Leistungen in der Vorrunde in den Fokus gespielt. Er hat von Verein und Trainerteam das Vertrauen bekommen und hat am Platz zurückgezahlt. So sind viele Profiteams auf ihn aufmerksam geworden, wobei in Darmstadt vieles für ihn gepasst hat, aber auch die beiden Vereine sich einig geworden sind. Auf die Sondereinrichtung lässt sich das jetzt nicht direkt übertragen, wir haben ja auch vorher schon sehr gute Arbeit in der Ausbildung der Talente im Nachwuchsleistungszentrum gemacht und dies zeigt sich eben nicht zuletzt am Leipold-Transfer.“ 

 

Leipold wurde in der Hinrunde der aktuell laufenden Saison 2021/2022 erstmals regelmäßig im Regionalliga-Herrenbereich eingesetzt und hat sofort voll eingeschlagen: Mit seinen neun Toren in 22 Spielen hat er sich innerhalb kürzester Zeit in den Fokus von verschiedenen Proficlubs gespielt. Wie war diese schnelle Entwicklung bzw. der rasante Aufstieg möglich? 

Haas: „Er hat im Laufe der Saison immer mehr Spielzeit bekommen, da er sich diese durch seine gute Trainingsleistung sowie überzeugende Kurzeinsätze erarbeitet hat. Es war schön zu sehen, dass er Dinge angenommen und sie sukzessive verbessert hat. Ich denke, dass dies auch unbedingt notwendig war, denn wenn ich mich zum Beispiel an seine Zielstrebigkeit Richtung Tor vor einem Jahr erinnere, ist das ein riesengroßer Unterschied zu dem was er am Schluss bei uns gezeigt hat. Ich weiß, dass es nicht immer angenehm für ihn war und ich habe ihn bestimmt auch genervt, weil er es sehr oft von mir gehört hat, dass er daran arbeiten muss. Ich bin mir aber sicher, dass André sagt, es hat ihm sehr viel gebracht.“ 

 

Mit seinen 19 Jahren und insgesamt erst 23 Pflichtspieleinsätzen im Seniorenbereich ist Leipold noch ein sehr junger Spieler mit vergleichsweise geringer Erfahrung. Würden Sie trotzdem sagen, dass er die Entscheidung für einen Wechsel in den Profifußball zum richtigen Zeitpunkt getroffen hat?  

Fenk: Ja definitiv, im Profibereich trainiert André zweimal am Tag und kann sich dadurch noch schneller weiterentwickeln. Wir sehen uns als Ausbildungsverein und unterstützen unsere Spieler Tag für Tag, dass sie schnellstmöglich den Sprung nach oben schaffen. Das heißt aber nicht, dass wir unsere eigenen Ziele aus den Augen verlieren! Wir wollen in der RL Bayern oben mitspielen und wenn möglich auch wieder in die 3.Liga.“ 

 

Einen gänzlich anderen Weg hat Robin Ungerath eingeschlagen: Er wurde in der Jugend nicht in einem Nachwuchsleistungszentrum ausgebildet, hat vor vier Jahren noch in der Herren-Kreisliga beim TSV Bad Endorf gespielt und trotzdem innerhalb kürzester Zeit den Sprung vom Amateur- in den Profifußball (SV Ried; Österreichische Fußball-Bundesliga) geschafft. Sie kennen den Stürmer ja bereits aus Ihrer gemeinsamen Zeit bei den Wasserburger Löwen. Wie ist dieser Senkrechtstart zu erklären?  

Haas: „Für Robin geht natürlich gerade ein Traum in Erfüllung, dass er jetzt nur vom Fußball leben kann. Ich bin mir sicher, dass er vor vier Jahren noch nicht einen Gedanken an Profifußball hatte. Umso schöner ist es natürlich, dass er sich seinen Traum erfüllen konnte. Der Schlüssel bei ihm ist definitiv sein unglaublicher Ehrgeiz und Wille sich zu verbessern. Ich bin mir sicher, dass es nur wenige Spieler im Amateurbereich gibt, die diese Attribute so ausgeprägt besitzen wie Robin. Es war wirklich immer eine Freude ihn zu trainieren, weil er alles immer zu einhundert Prozent rausgehauen hat.“ 

 

Welchen Anteil an der sprunghaften Entwicklung der beiden Hinrunden-Shootingstars hat in Ihren Augen das Trainerteam um Leonhard Haas, Ronald Schmidt und Harald Mayer?  

Fenk: Natürlich hat unser Cheftrainer Leo einen großen Anteil daran! Auch unsere beiden Co´s Ronald und Harry machen einen hervorragenden Job. Im Endeffekt muss aber alles passen, Trainerteam, Mitspieler und vor allen Dingen auch das Familiäre Umfeld im Verein, nur so können sich die Spieler optimal weiterentwickeln.“  

 

Mit Christian Fischer und Milos Lukic wurden nun erneut zwei NLZ-Spieler aus der U19 in die erste Mannschaft übernommen. Wie schätzen Sie die beiden Talente ein und erhoffen Sie sich eine ähnliche Entwicklung wie bei André Leipold?  

Haas: „Man sollte sie auf keinen Fall mit André vergleichen. Ich würde mir wünschen, dass sie stets den Antrieb haben sich zu verbessern. Für jeden Spieler gibt es unterschiedliche Wege. Was gerade bei André war, passiert nicht so häufig. Die Jungs dürfen groß träumen, aber sie müssen wissen, dass sehr viel Wille, Arbeit und Glück eine Rolle spielt und dass solch eine Entwicklung nicht alltäglich ist.“ 

 

Wie bewerten Sie derzeit die enge Zusammenarbeit zwischen dem NLZ und der Regionalliga-Mannschaft und was sind die nächsten Schritte zur weiteren Optimierung?  

Fenk: „Die Zusammenarbeit ist hervorragend. Die Abstimmung läuft täglich, begleitet von Wöchentlichen Routinetermine. Großes Kompliment an alle NLZ Trainer, sie stehen meistens im Schatten, aber sie legen den Grundstein für die spätere Profikariere und dafür VIELEN DANK !!” 

Huber: „Wir haben mit Christian Fischer und Milos Lukic einen 2003er und einen 2004er Jahrgang nun in der Winterpause frühzeitig in den Kader der ersten Mannschaft hochgezogen. Wir wollen den jungen Nachwuchsspielern frühzeitig die Chance geben sich im höherklassigen Herrenfußball zu zeigen und hineinzuwachsen. Neben den beiden Spielern werden auch in unregelmäßigen Abständen weitere U19-Spieler in den Trainingskader der Regionalliga eingebaut. So können unsere Trainer die Entwicklung der Jungs beobachten und im engen Austausch mit den NLZ-Trainern die weiteren Schritte festlegen. Mit dem bereits angesprochenen Förderkader-Maßnahmen lassen sich zudem weitere Trainingsschwerpunkte und -Reize setzen. Wir hoffen so weitere eigene Nachwuchstalente an die erste Mannschaft heranführen zu können.“