Physiotherapeut Aljoscha Junge im Interview

Seit der Winterpause der Saison 2018/2019 unterstützt der ausgebildete Sport-Physiotherapeut Aljoscha Junge die Regionalliga-Fußballmannschaft des SV Wacker Burghausen. Im Interview gibt der Inhaber der Physiotherapie-Praxis des „Therapieteam Aljoscha Junge“ exklusive Einblicke in die Hintergründe seines Berufs und des Engagements bei den Salzachstädtern.

 

Hallo Joschi! Kannst Du Dich zunächst bitte kurz vorstellen, uns etwas über Deine Person erzählen und Deinen physiotherapeutischen sowie beruflichen Werdegang skizzieren?

„Ich bin 34 Jahre alt, wohne in Schönberg, im Landkreis Mühldorf. Bin verheiratet, habe einen zweijährigen Sohn und meine Frau und ich erwarten im Sommer unser zweites Kind. Da ich ursprünglich aus der Nähe von Hannover stamme habe ich dort von 2006 bis 2008 meine Ausbildung absolviert, im Anschluss Zivildienst geleistet und im Urlaub auf Kuba eine Physiotherapeutin aus Winhöring kennengelernt, die mir ein Jobangebot unterbreitet hat. So bin ich 2009 nach Altötting gezogen und habe 4 Jahre in der Praxis meiner Vorgängerin gearbeitet, bis ich die Praxis 2013 übernommen habe.“

 

Was waren die Beweggründe dafür, dass Du Dich für die Ausbildung und anschließende Arbeit im Bereich der (Sport-)Physiotherapie entschieden hast?

„Mich interessiert die Arbeit, im Speziellen mit Sportlern. Einerseits weil es immer eine Abwechslung zur ‘normalen’ Arbeit ist und andererseits weil ich viele Sportler kennenlernen durfte, die extrem motiviert sind entweder ihre Verletzung schnell zu überwinden oder ihr Potenzial noch besser auszuschöpfen. Gerade die Arbeit an Kleinigkeiten im Bewegungsablauf oder bei Fehlhaltungen sind sehr interessant zu beobachten, wie sie sich auf den gesamten Körper auswirken können.“

 

Mit 34 Jahren bist Du Inhaber einer eigenen Physiotherapie-Praxis und leitest das „Therapieteam Junge“. Wie lange gibt es Euch bereits, wie viele Mitarbeiter gehören dem Team an und was sind die Therapie-Schwerpunkte bzw. -Angebote in Eurer Praxis?

„Unsere Praxis besteht seit nun mehr fast 20 Jahren, seit ca. neun Jahren mit mir als Inhaber, aktuell haben wir insgesamt 15 Mitarbeiter, davon auch drei Freiberufler. Diese decken hauptsächlich den Bereich der häuslichen Behandlungen ab, da es leider immer mehr Patienten gibt, die leider nicht mehr in der Lage sind, sich in der Praxis behandeln lassen zu können. Unsere Therapie-Schwerpunkte sind alle orthopädisch-chirurgischen sowie neurologische Behandlungen. Somit durch Massagen, Krankengymnastik, Manueller Therapie und spezieller Bobath-Therapie für Neuro-Patienten das gesamte Spektrum der Physiotherapie.“

 

Anfang Oktober 2021 bist Du mit Deiner Praxis nach Winhöring (Obere Hofmark 10) umgezogen. Was waren die Gründe für den Umzug und wie lange hat der Ausbau des ehemaligen Blumenladens im Erdgeschoss des Gebäudes gedauert?

„Wir sind aus mehreren Gründen umgezogen: Zum einen haben wir aufgrund des enormen Zulaufs an Patienten mehr Behandlungsräume benötigt und zum anderen wollten wir unser Angebot um die Krankengymnastik am Gerät erweitern. Überlegungen zu einem Umzug hatte ich schon über mehrere Jahre hinweg und im August 2020 ergab sich dann endlich die Möglichkeit, in die genannten Räume in unmittelbarer Nähe zur alten Praxis umzuziehen. Nach einigen Monaten der Planung haben wir dann im Winter 2020/2021 mit dem Umbau begonnen und konnten diesen dann Ende September abschließen.“

 

Welche Einschränkungen haben sich durch die Corona-Pandemie bei der Arbeit in der Physiotherapie für Dich und Dein Team ergeben?

„Wir hatten und haben Gott sei Dank keine großen Einschränkungen. Als die Pandemie begonnen hatte, durften wir mal ein paar Wochen nur eingeschränkt tätig sein, da habe ich mal für ca. vier Wochen alle Mitarbeiter nach Hause schicken müssen. Diese Zeit wurde bei uns aber mit Urlaub und Überstunden gut abgefangen. Danach war und ist es so, dass im Sinne des Patienten jeder zur Behandlung kommen darf, egal welchen Immunstatus der Patient hat. Ansonsten gelten bei uns – wie allgemein bekannt – die AHA-Regeln.“

 

Neben der abgeschlossenen Ausbildung als Physiotherapeut bist Du auch offiziell-lizenzierter DOSB Sport-Physiotherapeut. Warum hast Du Dich speziell für das Absolvieren der Zusatzqualifikation im Sportbereich entschieden und welche zusätzlichen bzw. speziellen Inhalte werden im Rahmen der Ausbildung vermittelt?

„Die Zusatzqualifikation vom DOSB ist meines Erachtens die beste Fortbildung, die man in Deutschland im Bereich der Betreuung von Sportlern machen kann. Da diese Fortbildung nur in der Sportschule Oberhaching angeboten wird, habe ich mich dazu entschlossen diese Fortbildung zu absolvieren. Die Lizenz berechtigt jeden Therapeuten zur Betreuung von Sportlern, bei internationalen Wettbewerben sowie im Profi-Sport. Die Inhalte der Fortbildung sind sehr ausführlich. Was mich jedoch am meisten gefreut hat war, dass uns ausschließlich Dozenten mit jahrelanger Erfahrung aus dem Profi-Sport in unterschiedlichsten Sportarten ihr Wissen vermittelt haben.“

 

Seit der Winterpause der Saison 2018/2019 bist Du auch Teil des Physio-Teams der Regionalliga-Mannschaft. Wie ist es dazu gekommen und wie gefällt es Dir beim SV Wacker Burghausen?

„Ich habe meine DOSB-Lizenz 2017 erworben, da meine Frau und ich aber im Frühjahr 2018 angefangen haben unser Haus zu bauen, habe ich mich entschieden, erst danach mit dieser Lizenz im Sport arbeiten zu wollen. Aufgrund der Nähe zu meinem Wohnort und dem Standort der Praxis kam der SV Wacker Burghausen als erstes in Frage, um dort dieser Tätigkeit nachzugehen. Ich habe dann mit Herrn Berger und Herrn Huber super Gespräche geführt und wurde sofort in der Regionalliga-Mannschaft eingesetzt. Sportlich gesehen ist es bis jetzt leider tatsächlich so, dass ich noch keine komplette bzw. ‘normale’ Saison miterleben durfte. Die Rückrunde 2019 war leider so, dass wir nicht an die Ergebnisse aus der Hinrunde anknüpfen konnten und ab der Saison 2019/2020 kam ja dann die Pandemie dazu, die bisher noch keine normale Saison zugelassen hat. Ich hoffe sehr, dass wir nun die Saison 2021/2022 entsprechend abschließen können und ich meine erste gesamte Saison beenden kann. Was mir besonders gut gefällt ist das Miteinander im gesamten Verein, es wird sehr viel gesprochen und miteinander überlegt, wie – für mich mit speziellem Augenmerk auch im Physio-Bereich – wir uns weiter verbessern können um den sportlichen Erfolg zu gewährleisten.“

 

Was sind Deine Aufgabenfelder als Physiotherapeut der Fußballmannschaft und was gefällt Dir an der Arbeit mit den Spielern im Umfeld der Regionalliga Bayern besonders?

„Mein Aufgabenfeld umfasst die Vorbereitung vor dem Training oder Spiel, was bedeutet, die Spieler auf Fehlhaltungen zu checken, Verletzungen vorzubeugen, Tapes anzulegen, während des Trainings teilweise in der Einzelbetreuung verletzte Spieler wieder ans Training heranzuführen oder Erstversorgung bei Verletzungen zu leisten. Nach dem Training steht die Pflege der Spieler an, um die Regeneration zu verbessern. Ansonsten kommen verletzte Spieler auch zu mir in die Praxis oder machen in unserem Gerätebereich zusätzliche Einheiten an trainingsfreien Tagen.“

 

Welche Probleme/Verletzungen treten aus Deiner Erfahrung bei Fußballspielern am häufigsten auf?

„Die muskulären Verletzungen durch Fehlstellungen, z. B. vom Becken – denke ich – sind zumindest bei uns in Burghausen das größte Thema. Bandverletzungen wie jetzt bei Nico Helmbrecht kommen zum Glück nur selten vor.“

 

In der aktuell laufenden Saison 2021/2022 absolvierten die Spieler einige englische Wochen (drei Spiele innerhalb von sieben Tagen). Wie würdest Du die dabei entstehende Belastung für den menschlichen Körper beschreiben und wie viel bzw. welche Pflege benötigt ein einzelner Spieler, um hierbei möglichst problem- sowie verletzungsfrei bleiben zu können?

„Dadurch, dass wir in Burghausen jetzt speziell ja schon vor diesen englischen Wochen noch ein paar Spiele aus der alten Saison nachgeholt haben und unsere Trainer dort ein super Grundlagen-Training aufgebaut haben, sind wir auch trotz der hohen Belastung sowohl sportlich als auch mit wenigen Verletzungen sehr gut durchgekommen. Grundsätzlich würde ich sagen, dass jeder Sportler doch den Wettkampf am liebsten hat. Daher habe ich das nicht als so großes Problem gesehen. Natürlich liegt in der Zeit ein höherer Schwerpunkt auf der Regeneration. Diese Belastung steckt jeder unterschiedlich gut weg, aber wir haben einen relativ jungen Kader, das denke ich kam uns in dieser Zeit zu Gute. Welche Pflege die Spieler brauchen und auch annehmen ist sehr unterschiedlich. Wir haben Spieler, die gerne nach jedem Training eine Behandlung haben möchten, es gibt aber auch Spieler die sich lieber ins Wärmebecken oder in die Sauna setzen und ganz auf Behandlungen verzichten.“